Vom Leben in Neuseeland

Gudrun Arn und Werner Lieger kehren der Schweiz jeden Winter den Rücken und verreisen in ihre zweite Heimat, Neuseeland. Seit rund zwei Wochen sind sie aktuell wieder in der südlichen Hemisphäre. Ein paar Eindrücke:

Neuseeland ist das Land mit aufstrebender Tourismusindustrie. Die beste Zeit ist von Dezember bis März. Im April wird es langsam kühler, aber man kann noch immer herumreisen. Nur das Baden im kühlen Meer wird dann nicht mehr für jederman/frau angenehm sein.

Die Einwohner von Neuseeland sind sehr vielfältig. Der englische Einfluss ist  bemerkbar. Allerdings sind die Menschen hier viel offener, freundlicher und hilfsbereiter. Das hat uns damals bei unserem ersten Besuch hier in 2002 sehr beeindruckt. Das Leben ist hier ebenfalls viel relaxter. So erinnere ich mich, als wir damals herumfuhren an ein Plakat an einer Ladentür mit der Aufschrift: «Sorry. Closed. Gone fishing» (Geschlossen. Bin fischen!). Und das an einem Wochentag! Unvorstsellbar bei uns in der Schweiz. Wir sind ja jetzt in der Vorweihnachtszeit wieder zurück nach Neuseeland und da ist schon wieder allerhand los. Das ist auch so eine Eigenart. Damit man Leute kennenlernt, sollte man in Clubs gehen. Bei uns in der Schweiz ist das nicht viel anders, da ist man auch in Vereinen.

Angefangen haben wir klein, aber inzwischen kennen wir mehr als 200 Personen. Und jede Saison, die wir hier sind, lernen wir neue Personen kennen. Ich sage immer, dass wir «Frischfutter» für die Einheimischen sind. Von uns gibt es immer so vieles zu berichten.

Jetzt, in der Vorweihnachtszeit, finden die jährlichen Weihnachtsessen der diversen Clubs statt. Eine grössere Sache ist das des Rotary-Clubs. Jedes Jahr gibt es ein neues Thema. Letztes Jahr war es «der beste oder schönste Hut». Alle geben sich grosse Mühe und die Wahl, wer den besten Hut hat, ist nicht immer einfach.

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Hier wie auch in Amerika und England werden die Häuser innen und aussen für die Feiertage dekoriert. Ein uns befreundetes Ehepaar ist total dabei: Wenn das Haus sowie der Garten dekoriert sind, laden sie Leute zur Besichtigung ein. Gleichzeitig bitten sie um eine kleine Spende, eine sogenannte «Gold coin = $2). Den gesammelten Betrag stiften sie dann einer gemeinnützigen Organisation.

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Überhaupt gibt es hier sehr viele Freiwillige, die einen phantastischen Job leisten. Zum Bespiel, eine unserer Freundinnen und gleichzeitig Nachbarin Elizabeth (sie ist bereits 90) die mit ihrem kleine Auto ein bis zwei Mal die Woche nach Kerikeri fährt – eine Strecke von 45 Minuten mit dem Auto – und dort in einem Op-Shop arbeitet. Bei uns ähnlich wie CARITAS. Elizabeths Freundin und unsere Bekannte ist ebenfalls gleich alt und gibt noch immer Schwimmunterricht für Kinder.

Vor drei Jahren war ich Klassenlehrerhelferin. Ich durfte mit Kindern von 7 bis 9 Jahren lesen und zwar mit solchen, die daheim niemandem zum Vorlesen hatten. Es war erstaunlich, wieviel Mühe sich die Kinder machten. Sie merkten ja anhand meines Akzentes, dass ich keine Einheimische war und wollten es sehr wahrscheinlich deshalb besonders gut machen. Leider war dann mit meiner Freiwilligenarbeit Schluss nach der 2. Saison. Die Lehrerin, eine gute Bekannte, wechselte die Schule und ich habe nicht mehr nachgefragt, ob man mich noch brauchen würde. Dafür haben wir dann Bridgeunterricht genommen und spielen jetzt 2 Mal die Woche in Paihia, ca. 15 Minuten per Auto von uns entfernt.

Das ist auch so eine Sache: Hier oben bei uns im Norden der Nordinsel und nicht nur hier, in der Bay of Islands, gibt es keinen öffentlichen Verkehr. Zwar kommen Reisebusse von Auckland hierher nach Paihia und Kerikeri, aber man kann da nicht einfach unterwegs einsteigen. Züge gibt es auch keine mehr. Also ist man aufs Auto angewiesen.

Paihia ist DER Tourismusort. Jedes Jahr kommen zirka 50 – 70 Kreuzfahrtschiffe hier an. Der Ort selber ist klein und beschaulich mit ungefähr 900 Einwohnern. Wenn dann an einem Tag plötzlich 2000 oder mehr Besucher aufkreuzen, wimmelt es nur so von Menschen sowie Fahrzeugen aller Art. Eins ist ein Motorrad mit verlängerten Sitzen hinten dran, wo zwei Personen neben einander sitzen können und herumchauffiert werden. Ebenfalls haben wir ein Tuk-Tuk. Paihia hat selber auch eine bekannte Toilette (siehe Foto unten) – nicht ganz so berühmt wie die von Hundertwasser in Kawakawa.

Übrigens, wussten Sie, dass der österreichische Architekt und Künstler Friedensreich Hundertwasser hier bei uns in Kawakawa, wo auch seine berühmte Toilette steht, von 1973 bis zu seinem Tod in 2000 lebte? Die Toilette ist die Hauptattraktion und die meistfotografierte Toilette Neuseelands. Überall an diversen Orten gibt es sehr originelle Toiletten.

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Ende dieses, anfangs nächsten Monats finden die Weihnachtsparade statt. Das ist schon speziell. Wir vergleichen es mit unserem Fastnachtsumzug. Die Zuschauer sind leicht bekleidet, schlecken Eis und nur der Weihnachtsmann «Father Christmas» hier genannt, tritt in voller Uniform auf. Temperaturen so gegen 25 Grad sind keine Seltenheit und mir tut der Weihnachtsmann schon leid. Dafür kann er sich nach dem Umzug mit Bier abkühlen.

 

Ja, die Neuseeländer trinken auch gerne. Es gibt aber auch wunderbaren Wein. Sogar hier bei uns im Norden der Nordinsel kann man mehrere bekannte Weingüter besuchen. Eins heisst Marsden Estate und wir lieben es. Dort findet jedes Jahr ein Jazzkonzert statt und es hat immer sehr viele Besucher. Die meisten Weingüter haben ein Restaurant, wo man nicht nur gut essen, sondern ihren Wein auch degustieren kann. Nur Achtung! Auch in NZ ist die Alkoholgrenze bei 0,5, was schnell vergessen wird, wenn der Wein so fein ist.

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Gruss aus der Regenzeit

In Nicaragua dominieren zwei Jahreszeiten. Aus der Trockenzeit habe ich im April berichtet. Nun folgt ein Gruss aus der Regenzeit – mit ein paar Bildern aus dem Alltag in Matagalpa.

*von Judith Häfliger

Vor der Bildergalerie ein paar Erlebnisse und Beobachtungen der vergangenen Monate.

Armut: Im Mai, als der Regen einsetzte und die Landschaft wieder grün werden liess, machte ich mich eines Samstagmorgens mit zwei Freundinnen auf, im Umland von Matagalpa Töpferfrauen zu besuchen, die nach traditioneller Art Gebrauchsgegenstände aus Ton herstellen. Dominique, eine Französin, die schon lange in jener Gegend mit Kindern arbeitet, kannte den Weg. Von ursprünglich sieben Schwestern, die alle töpferten, waren zwei uralte Frauen übrig geblieben. Ihr abgelegenes Zuhause war äusserst bescheiden und eine der Frauen hatte in diesem Moment akute gesundheitliche Probleme. Ich staunte, dass die zwei Frauen noch alleine wohnen. Aber ja, wo sollten sie sonst wohnen? Altersheime gibt es kaum in Nicaragua. Dominique berichtete, dass ein 20-jähriger Mann, der unten im nächsten Weiler wohnt, die beiden Frauen täglich besucht und sie mit dem Nötigsten versorgt. Seit einigen Wochen hält er auch Nachtwache bei den zwei Alten – alles ohne Bezahlung und aus Solidarität. Nach dem obligaten Begrüssungskaffee – das ist wohl das letzte auf das man verzichtet – zeigten uns die Frauen ihre Produkte und wir wählten unsere Töpfe, Teller und Platten aus. Zum Abschied schenkten sie jeder von uns dreien eine Töpfersache. Als Erinnerung, meinten die beiden Alten. Ich bekam einen Blumentopf zum Aufhängen.

Der Topf hat einen Ehrenplatz auf meiner Terrasse. Die Grosszügigkeit dieser zwei Frauen, der weder Armut noch Krankheit etwas anhaben konnten, hat mich tief beeindruckt. Als ich es am Montag meiner nicaraguanischen Bürokollegin erzählte, meinte sie, die beruflich viel mit armutsbetroffenen Familien zu tun hat, lapidar: „So ist das. Wer bereitwillig gibt, sind häufig die Armen.“

Unfälle: Nach dem langen Wochenende rund um die Nationalfeiertage im September gab es besonders viele Verkehrsunfälle zu vermelden. Ich war am Montagmorgen danach im Bus unterwegs, wo mich ein dröhnendes Radio über jeden Unfall informierte der an diesem Wochenende in der Region geschah. So erfuhr ich ungefragt, wer (mit Namen und Familienzugehörigkeit), wo, wie genau einen Unfall erlitt – inklusive detaillierter Beschreibung der Verletzungen oder der Todesursache. Zwischen den Unfallmeldungen ein Kurzinterview mit einem Pfarrer welcher der Hörerschaft mit tröstender Stimme erklärte:„Wir leben um zu sterben“. Da dachte ich bei mir, was wäre wenn das Radio mehr Hinweise zur Unfallverhütung statt Unfallreportagen senden würde? Vielleicht würden viele noch leben?

Veränderungen: Eine Beobachtung über mich selber: Ich werfe hier viel weniger Verpackungsmaterial weg als in der Schweiz. So beobachtete ich mich fast etwas amüsiert dabei, wie ich den Plastik mit Zip-Verschluss, in dem die Wattestäbchen waren, benutze, um ein Rüebli ins Büro mitzunehmen. Als ich ein Bild transportieren musste, verwendete ich die Pizzaschachtel. Was mich dazu bringt? Ich glaube es ist einfach weil hier die Dinge nicht im Überfluss zu haben sind. Das scheint die Fantasie anzuregen. Vielleicht ist es aber auch aus Bequemlichkeit? Es wäre mit Aufwand verbunden, Pausenproviant-Plastiksäcke zu kaufen – ich müsste in einen Supermarkt im Stadtzentrum gehen, denn es gibt so etwas nicht an jeder Ecke – also behelfe ich mir mit dem, was bereits da ist. Vielleicht ist es auch so, dass die ständig präsente Armut und Bedrohung der Umwelt es unsinnig erscheinen lassen Sachen wegzuwerfen statt weiter zu verwenden.

*Judith Häfliger arbeitet für Interteam.
Ein Videoporträt gibt es hier: https://www.youtube.com/watch?v=_g1FfHWN8hk&feature=youtu.be
Vegetation

In der Regenzeit ist die tropische Vegetation umwerfend in ihrer Vielfalt.

Teenage-Mütter

Hier sind Mädchen nicht lange Kind. Nicaragua hat eine der höchsten Raten an Müttern im Teenage-Alter.

Schmetterling

Am Morgen im Büro ein 20 Zentimeter grosser Schmetterling, der stundenlang am gleichen Ort verharrt.

Papagei

Ein Papagei verirrt sich zu mir ins Büro und kann nicht mehr weg vom Drucker, weil er gestutzte Flügel hat.

Nebel

Es gibt auch in den Tropen Nebel. Blick aus meinem Fenster um 6 Uhr morgens.

Milch

Von hier kommt die Milch, die ich trinke. Die Organisation für die ich in Nicaragua arbeite (www.addac.org.ni), bringt die Milch in die Stadt und erschliesst so wichtige Absatzmärkte für Kleinbauern.

Mamones

Meine Lieblingsfrüchte der Saison: Mamones chinos. Alles Aussergewöhlinche wird hier „chino/chinesisch“ genannt.

Mais

Mitten in der Stadt wird Mais gereinigt. Der Wind trägt fort, was nicht Mais ist. Im Hintergrund ist der „Eskimo-Verkäufer“ mit seinem Wagen zu sehen. Eskimo ist die beliebteste Glacémarke.

Umzug

Am 14./15. September feiert Nicaragua und ganz Zentralamerika seine Unabhängigkeit. Höhepunkt der Feiern bildet der Umzug durchs Stadtzentrum. Mit Trommeln und Lyra werden die patriotischen Lieder gespielt, manchmal kommen Blechbläser dazu. Hinter den Musikgruppen marschieren die Klassenbesten feierlich durch die Strassen und dann kommen die Majoretten, die tänzelnd ihren Stab schwingen.

Früher Posthalter, jetzt Reiseleiter

Der gebürtige Schötzer Urs Marfurt begleitet Einzelpersonen oder kleine Gruppen durch Zentral- oder Südamerika. In seinem ersten Blogbeitrag stellt er sich kurz vor.

Vorname: Urs
Name: Marfurt
Aufgewachsen in: Schötz
Erlernter Beruf: Betriebsassistent PTT, später Posthalter
Alter: 57
Hobbies: Reisen, Lesen, Wandern, Natur
Zivilstand: ledig

Daheim in der Schweiz
In Schötz aufgewachsen, machte ich mich bereits mit 15 Jahren auf den Weg. Zuerst habe ich im „fernen“ Porrentruy (JU) ein Welschlandjahr gemacht, danach meine Lehre als Betriebsassistent bei der PTT in Stans und Hergiswil (NW) absolviert. Noch während der Diplomfeier am Vierwaldstättersee musste ich mich entscheiden, ob ich in wenigen Tagen entweder in Zürich oder Basel arbeiten wolle. Dass ich mich schliesslich für die Stadt am Rheinknie entschieden habe, entpuppte sich als Glücksfall. 13 Jahre lang arbeitete und lebte ich in der Nordwestschweiz und dabei konnte ich viele Freundschaften schliessen, die bis in die heutigen Tage halten.

Wie ein Blitz aus heiterem Himmel kam dann für mich die Ernennung zum Posthalter in Ballwil. Bei meinem Amtsantritt kannte ich keine einzige Person, was auch gut war, denn so konnte ich ohne Vorurteile meine Arbeit beginnen. Die nächsten sieben Jahre im Seetal gehören sicher zu den besten meiner Berufskarriere. Die steten Veränderungen bei der Post erleichterten mir dann den Entscheid, aus Anlass des 20-jährigen Arbeitsjubiläums einen neuen Schnitt im Leben zu wagen.

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Am Atitlansee.

Neues Daheim in Zentralamerika
Schon mit einem meiner ersten Ersparnisse machte ich mich auf, um die Welt kennen zu lernen. Waren es zuerst noch Aufenthalte in Europa, wurden diese schliesslich immer länger und führten mich durch Mexiko und die Nachbarstaaten. Schicksalbestimmend war sicher die erste Reise ins frühere Aztekenreich, denn kurz nach meiner Rückkehr aus Mexiko 1985 bebte die Erde dort und hinterliess grosse Zerstörung und viele Tote. Für mich war sofort klar, dass ich wieder zurückgehen musste, schon aus Solidarität zu den vielen freundlichen Menschen, die ich kennen gelernt hatte. Und so geschah es, dass ich mich total in die Region zwischen Karibik und Pazifik, sowie zwischen den USA und dem Panamakanal verliebt habe.

Bei einem meiner Reisen durch Zentralamerika machte ich auch Halt in Honduras. Dabei lernte ich Edi Fellmann aus Dagmersellen kennen, der damals in La Venta ein Kinderheim führte. Aus dieser Begegnung entstand eine Freundschaft, die bis zum heutigen Tag besteht. Denn seit 1998, wo ich mich aufgemacht habe um für mich neue Aufgaben zu finden, arbeite ich in der Institution Asociacion Nuevo Amanecer ANA (www.ana.hn) als freiwilliger Mitarbeiter im Spenden- und Patenwesen mit. Die ersten beiden Jahre lebte ich in La Venta, wo ich mit dem ganzen Team viele Höhen und Tiefen durchlebt habe. Mit der Zeit entschloss ich mich, meine „Zelte“ in Guatemala, genauer gesagt in San Pedro La Laguna, aufzuschlagen. Dank Internetanschluss ist es mir möglich, die mir aufgetragenen Arbeiten bequem von zu Hause aus zu erledigen. Ab und zu reise ich jedoch noch nach Honduras, vor allem dann, wenn ich Leute begleite, die mich kontaktiert haben, damit ich eine Tour für sie organisiere.

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Blick von der Indian Noise auf den Atitlansee, Guatemala

Organisieren von Reisen
Seit 2001 lebe ich also in meinem eigenen Heim und schon viele unzählige Personen haben mich besucht. Ebenfalls ist die „Casa Amistad“ zur Herberge geworden für Sprachschüler aus Europa und Nordamerika, die in San Pedro die spanische Sprache gelernt und nachher während dreizehn Monaten als Volontäre im Kinderheim San Andres im Einsatz waren. Ich selber habe Guatemala auch mehrmals bereist, so dass ich mich als Kenner von Land, Menschen und Geschichte bezeichnen kann.

Was mit der Begleitung einer einzelnen Person durch Guatemala und Honduras begann, hat sich in den letzten Jahren zu einem Standbein von mir entwickelt. Dieselbe Person (Anna aus Dagmersellen) hat mich nämlich motiviert, Reisen zu organisieren. So kam es, dass ich für diverse reisefreudige Menschen Touren zusammenstellen konnte. Da ich kein „professioneller“ Tourenanbieter bin, kommen die interessierten Leute auf mich zu, kontaktieren mich, geben mir ihr Reiseland oder –region, sowie das Reisedatum an und die Organisation kann beginnen. So habe ich Einzelreisende, aber auch kleine Gruppen bis maximal 12 Personen durch Zentral- oder Südamerika begleitet. Die letzte Reise führte durch Chile. Mit zehn „Hinterländern“ war ich insgesamt fünf Wochen in Südamerika unterwegs.

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Chile, November 2016: Aufstieg zum Krater Natividad

Gluschtig gemacht?
Habe ich jetzt Ihr Interesse an einer Reise mit mir geweckt? Dann freue ich mich, wenn Sie sich Kontakt setzen mit mir und mir ihre Reisewünsche mitteilen. Gerne werde ich ein Programm zusammenstellen und Sie auf der ganzen Tour begleiten. Reiseerfahrungen habe ich gemacht bei Touren durch Mexiko, Guatemala, El Salvador, Honduras, Nicaragua, Costa Rica und Panama. In Südamerika habe ich Reisen organisiert, die durch Chile, Argentinien, Bolivien, Peru, Ecuador und Kolumbien geführt haben. Ein Vorteil für mich ist, dass ich die spanische Sprache beherrsche und die bereisten Länder und deren Leute und Kultur kenne. Bisher habe ich von allen mit mir gereisten Personen ein gutes Feedback bekommen. Zudem wird das Reisen in kleinen Gruppen sehr geschätzt.

Schreiben Sie mir ein Mail an ursm_2000@yahoo.de, wenn Sie Fragen oder Anregungen an mich haben.

Mit freundlichen Grüssen von den Gestaden des Atitlansees in Guatemala
Urs Marfurt

Franz Kunz: Ein neues Leben in Südafrika

Teil 9

Es ist Ende März im 4-heaven, die Natur verfärbt sich goldig, die Trauben sind in den Fässern, der Herbst ist eingekehrt. Das Weinjahr 2016/17 verspricht ein guter Jahrgang zu werden. Die Tage sind angenehm warm, die Nächte werden kühler und länger. Es herrscht noch immer akute Wasserknappheit am Kap, überall hängen Plakate, welche die Leute auffordern, Wasser zu sparen. An der N2 weisen Leuchtschriften auf das grosse Problem hin und aktuell hat die 3,5 Millionen-Metropole Kapstadt noch für 89 Tage Trinkwasser. Aber niemand scheint sich wirklich um das kostbare Nass zu sorgen, der Wasserverbrauch ist kaum gesunken. Der Regen kommt garantiert im Winter (Juni bis August) – der Glaube stirbt zuletzt.

Im April waren wir immer noch komplett ausgebucht, viele Freunde waren unsere Gäste und wir waren gemeinsam viel unterwegs auf Mountainbike-Touren. So konnten wir endlich unsere Leidenschaft richtig ausleben, denn der Fitness-Stand nach einer langen Saison lässt bei mir noch zu wünschen übrig. Am 11. April feierte ich mit 40 Bekannten meinen runden, 60igsten Geburtstag im Longridge, einem tollen Weingut, ganz in unserer Nähe. Freunde organisierten eine Live-Band und einige Gratulanten überraschten mich am Geburtstag, soeben eingeflogen und unangemeldet, aus der Schweiz. Wieder einmal mehr wurde mir klar, Südafrika ist ja gar nicht so weit weg vom Heimatland.

Der Inhaber hat für uns „geschlossene Gesellschaft“ arrangiert, denn wir haben ihm viele unserer Gäste zum Nachtessen vermittelt und er hat festgestellt, dass die Schweizer sehr trinkfest sind. Drei Bedingungen gab es jedoch für diesen unvergesslichen Abend – die Musik darf nicht zu laut sein, um 24 Uhr verlassen alle ruhig das Longridge und bitte keine Schlägereien – ich habe zwar in Südafrika noch nie eine Schlägerei gesehen, manche Feste sollen jedoch bei den hitzköpfigen Buren so ausarten. Natürlich haben wir nach diesem legendären Abend im Longridge auch in Zukunft kein Hausverbot und sind willkommene Gäste.

Es ist Mitte Mai, die Tage werden merklich kürzer, die Nächte sind mit 10 Grad kühl. Es herrscht jedoch noch immer schönes und warmes Spätherbstwetter mit Tagestemperaturen um 25 Grad und kaum Wind am Kap. Wir haben wir unsere letzten Gäste verabschiedet und es wird ruhiger im 4-heaven. Es stehen noch kleinere Reparaturen und Verbesserungen im 4-heaven an, welche wir bis zu unseren langen Ferien in der Schweiz noch ausgeführt wollen, damit wir am 1. September wieder startklar sind.

Für uns geht eine lange Saison zu Ende. Seit 1. September 2016 waren wir täglich, sieben Tage die Woche dran. Die Saison war lang, intensiv, lehrreich aber auch sehr spannend. Die Zeit verging wie im Fluge. Wir haben viele neue Leute aus der Schweiz, Deutschland, Holland, Österreich, Frankreich, USA und Brasilien kennengelernt, ihnen Tipps für unsere wunderschöne Kapregion gegeben, sie mit Brigittas „Schwizer-Zmorge“ verwöhnt, ihnen Rundreisen geplant, Nachtessen, Ausflüge usw. gebucht und manchmal auch die Sörgali des Alltages angehört.

Apropos Zmorge: Wenn man täglich mit Gästen in Kontakt ist, verliert man wie in den Ferien ab und zu das Zeitgefühl. Damit ich immer wusste wann Sonntag ist, verwöhnte Brigitta unsere Gäste am Sonntags Brunch mit Rösti, Spiegeleier und selbstgemachtem Zopf. Unsere Mitarbeiter Rosé und Prosper aus Zimbabwe, Margreth aus Südafrika und Emily aus Malawy haben noch nie etwas von Rösti gehört und bekamen natürlich auch am Sonntag ihre Rösti. Kartoffeln sind ein günstiges Nahrungsmittel in Südafrika und deshalb machte Brigitta einen „Rösti-Kurs“. Seitdem gibt es bei vielen Angehörigen unserer Mitarbeiter wöchentlich auch mal Rösti in Südafrika.

Wenn auch zwischendurch mal Heimweh aufkam, entschädigten uns die viele bekannten Gesichter aus unserer Heimat, welche bei uns ein bis zwei Wochen zu Gast waren. Viele haben den Weg ins 4-heaven gewagt, waren das erste Mal in Südafrika und gingen begeistert nach Hause mit dem Ziel, wiederzukommen. Das 4-heaven und unsere liebenswerten Mitarbeiter Rosé, Prosper, Margreth, Emily sind uns sehr ans Herz gewachsen. Ja, uns macht der Job richtig Spass und wir sind angekommen im südlichen Afrika.

Für die Saison 2017/18 sind wir schon zu 70 Prozent ausgebucht und nächste Saison können wir unsere Leidenschaft, die Gäste auf den wunderschönen Mountainbike-Touren zu begleiten, noch mehr geniessen, denn es haben viele unser ein- oder zweiwöchiges Programm „Bike-Natur-Kultur-Gourmet“ gebucht.

Wir schreiben den 26. Mai: 3,5 Millionen Menschen am Kap haben aktuell noch für knapp einen Monat Wasser. Die Wasserdämme sind leer, das Kap der guten Hoffnung erlebt die grösste Dürre seit 1903 und immer noch ist kein Regen in Sicht. Der Wasserverbrauch ist jedoch kaum gesunken. Keiner spart, „chonnt scho guet“, keiner glaubt daran, dass anfangs Juli nichts mehr aus dem Wasserhahn tropft. „That’s Africa!“

Jetzt freuen wir uns auf unsere Zeit in der schönen, alten Heimat, bevor es am 1. September wieder los geht in den Süden Afrikas.

Liebe Grüsse aus dem 4-heaven in Südafrika

Brigitta und Franz

Weitere Blogs über mein neues Leben in Südafrika unter: https://osserland.wordpress.com und mehr Infos über uns auf unserer Homepage www.4-heaven.ch oder Facebook.

Vom 1. April, Ostern und der Trockenzeit

 

Die Hergiswilerin Judith Häfliger verbringt ab August 2015 ein dreijähriger Arbeitseinsatz in Nicaragua (der WB berichtete). Was beschäftigt sie aktuell in Zentralamerika? Sie schreibt es uns.

1. April 2017, Matagalpa, Nicaragua. In Nicaragua machen wir heute keine Aprilscherze. Dafür gibt es im Oktober einen „Tag der Unschuldigen“, der eine ähnliche Funktion zu haben scheint. Die Gutgläubigkeit der Menschen zu prüfen und allzu Gutgläubige etwas wach zu rütteln. So ist zwischen Zentralamerika und Europa vieles ähnlich und doch etwas anders. Schliesslich sind wir hier ja auch auf dem „neuen Kontinent“, der vom „alten“ eingenommen wurde…

Ostern hingegen wird hier intensiv gefeiert. Die „heilige Woche“ (Semana Santa) wie die Karwoche genannt wird, ist schul- und arbeitsfrei und das ganze Land macht in dieser Woche Ferien. Dies fällt umso mehr auf, weil in der restlichen Zeit des Jahres die Einheimischen keinen Urlaub haben und nicht zum reinen Vergnügen herumgondeln. Zur Semana Santa jedoch reisen die Nicaraguanerinnen und Nicaraguaner gerne ans Wasser, im Norden wird das ein Fluss sein, im Süden reist man an einen grossen See oder ans Meer. Mit der Verwandtschaft trifft man sich zum Picknick am Strand und zum Spielen im Wasser (wenige haben schwimmen gelernt).

Man scheint sich hier an der Nähe von anderen Menschen nicht zu stören und tummelt sich mit vielen anderen am gleichen Strandabschnitt. Viele Menschen baden in normalen Kleidern und schaffen sich für die einmalige Badereise nicht extra ein Badekleid an.

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In der Karwoche oder „Semana Santa“ reisen viele nicaraguanische Familien ans Wasser. Hier der Strand in San Jorge am Cocibolca-See am Ostersamstag 2016.

Die katholische Bevölkerung begeht Ostern mit vielen Prozessionen und Messen. Manche der Gläubigen absolvieren die Stationen des Kreuzwegs auf ihren Knien – bei brütender Hitze wohlgemerkt. Aber das ist eine Minderheit. In der ganzen Karwoche soll kein (Rind- und Schweine-)Fleisch gegessen werden. Die Katholiken machen in Nicargua die grösste Religionsgruppe aus mit rund 50 Prozent vor den Evangelikalen mit rund 40 Prozent. Das Zahlenverhältnis zwischen den beiden Gruppen hat sich in den letzten 20 Jahren stark verändert. 1995 waren noch 75 Prozent der Bevölkerung katholisch. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die wachsende Gruppe der Evangelikalen in gesellschaftlichen Fragen in der Regel wesentlich konservativer eingestellt ist als die Katholiken.

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Die Gedichte des Nationaldichters Rubén Dario sind in jedem Warenhaus zu finden. Man ist in Nicaragua sehr stolz auf die Dichtkunst.

Das Poesie-Festival. Im Februar besuchte ich das Poesie-Festival von Granada und war hell begeistert. In Nicaragua ist man sehr stolz auf die Dichtkunst. Die Schulkinder lernen viele Gedichte rezitieren und auch selber Gedichte verfassen. Auch unter der Bevölkerung mit weniger Schulbildung fällt mir immer wieder auf wie gut sie spontan etwas vortragen und beispielsweise an einer Versammlung locker aus dem Stegreif eine Huldigung auf den Gastgeber in Reime fassen. Auch der Nationalheld Nicaraguas ist ein Dichter, Rubén Darío. Er wurde vor 150 Jahren geboren. Dieses Jahr wird er deshalb besonders viel zitiert und rezitiert. Er hat um 1900 die spanischsprachige Literatur modernisiert und hatte sowohl in Lateinamerika wie in Spanien einen grossen Einfluss. Verständlicherweise ist man in dem kleinen zentralamerikanischen Land sehr stolz auf diesen Beitrag zur Weltliteratur. Das Poesie-Festival findet jedes Jahr im Februar statt. Alle Veranstaltungen sind kostenlos und draussen und locken tatsächlich ein gemischtes Publikum an – studierte und nicht studierte Leute gleichermassen.

Trockenzeit. In Matagalpa ist inzwischen wieder Trockenzeit. Die Sonne brennt heiss und nach den windigen Monaten Januar und Februar ist der Boden sehr trocken und die Hügel in der Umgebung Matagalpas präsentieren sich braun statt grün. Wir warten auf die Regenzeit, die normalerweise im Mai einsetzt. Aufgrund der Klimaveränderungen ist dies allerdings in den letzten Jahren immer weniger verlässlich. Nicaragua ist stark von der weltweiten Klimaveränderung betroffen. Klimatische Extrem-Ereignisse werden immer häufiger. Einerseits gibt es mehr Dürren und andererseits heftigere Regenfälle. Für die Landwirtschaft werden die Produktionsbedingungen unberechenbarer und anspruchsvoller. Rote Bohnen und Mais, die beiden Hauptnahrungsmittel, werden im Frühling knapp. Wenn die dritte Bohnen-Ernte ausfällt droht die Nahrungsmittelversorgung sofort in einen Engpass zu geraten. Nun kaufen öfter staatliche Institutionen im Herbst Bohnen auf und verteilen sie dann bei Knappheit als “Geschenk der Regierung”.

Die Trockenheit bewirkt bei uns eine etwas andere Art von Frühling. Viele Bäume blühen gerade dann, wenn die Umgebung völlig ausgetrocknet ist. Sie blühen leuchtend rot, gelb, orange oder auch violett, haben aber fast keine grünen Blätter. In der staubig braunen Landschaft fallen die leuchtenden Blüten besonders schön auf. Die Bäume blühen hier also bevor es regnet, vielmehr künden sie den bevorstehenden Regen an. Die Pflanzen nutzen die Bestäubung durch den Wind und die Samen machen sich in der Erde bereit bis der Regen kommt. So ist eben manches ähnlich und doch so anders. Ich gehe immer noch staunend durch diese “neue Welt” und versuche sie immer besser zu verstehen.

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Eine andere Art Frühling in Nicaragua. Wenn die Umgebung im März trocken wird von Wind und Hitze, blühen die Bäume und Sträucher

Al Imfeld. Es hat mich die Nachricht erreicht, dass Al Imfeld gestorben ist. Ich möchte ihm zum Schluss einen kurzen Abschnitt widmen. Er hat mich inspiriert und bedeutete mir viel. In seinen Geschichten, die mit Leichtigkeit einen Bogen zwischen Afrika und dem Napfgebiet schaffen, fanden sowohl meine Heimatverbundenheit wie meine Neugier auf die Welt ein Echo. Er war mir ein schönes Vorbild darin, beides zu verbinden. Als ich ihn vor einigen Jahren einmal in Zürich besuchte und ein wenig ratsuchend mit ihm darüber redete was ich mit meinen Interessen wohl noch so anfangen könnte, meinte er unter vielem anderen: Du könntest vielleicht im Willisauer Boten schreiben. Wer hätte das gedacht? Ich behalte Al Imfeld dankbar in Erinnerung. Amüsiert erinnere ich mich an die Stelle in einem seiner Bücher, wo er erzählt, wie sein ihn Vater lehrte, stets nur die Hälfte zu glauben von dem was einem erzählt wird. Sei es am 1. April oder an jedem anderen Tag im Jahr…

INTERTEAM sucht für Einsätze in Nicaragua folgende Berufe: Landwirt/in, Fachperson Holzwirtschaft, Agronom/in, Agrarökonom/in, Natur-/Umweltwissenschafter/in und eine Fachperson in Wissensmanagement.
Mehr Informationen zum dreijährigen Einsatz von Judith Häfliger in Nicaragua gibt es unter: http://www.interteam.ch
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Die Landschaft in der Regenzeit bei La Dalia im Zentrum Nicaraguas.

Mehr als ein gemütlicher Kaffeeklatsch

Die Hergiswilerin Judith Häfliger (46) bricht im August 2015 in ihren dreijährigen Arbeitseinsatz in Nicaragua auf. Zur Halbzeit verbringt sie einige Wochen in ihrem Heimatort. Zeit für eine Zwischenbilanz.

Sitzleder, Bananen und Kaffee. Viel Kaffee. Matagalpa, im Herzen Nicaraguas In einem einfach möblierten Zimmer treffen sich Mitarbeitende und Geschäftsleitung zur jährlichen Evaluation. «Eine Marathonsitzung», sagt Judith Häfliger. Acht Tage lang, je zehn Stunden. Kurze Pausen gibt es nur für eine Zwischenverpflegung. Aufgetischt wird immer dasselbe. Bananen und Kaffee. Judith Häfliger mag die schwarze Brühe nicht. Obwohl sie fast tagtäglich mit dem Kaffeeanbau zu tun hat. Das Gespräch dreht sich im Kreis. Trotzdem hören die Sitzungsteilnehmer einander zu. Mit Respekt und Geduld. Ziel der Zusammenkunft: Alle sollen denselben Wissensstand haben und mitreden dürfen. «Das Gemeinschaftsgefühl ist wichtig. Es fördert die Identifikation mit der Unternehmung.»
Die grosse Welt zuhause
Judith Häfliger wächst als Nachzüglerin auf dem «Storchen-Hof», Hergiswil, auf. Früh wird der Bauerntochter die weite Welt nach Hause gebracht. Sonntags fährt Judith mit der Familie quer durch den Kanton. Kein Wunder, begeistert sie sich in der Primarschule für Heimatkunde. Bald bereisen die älteren Geschwister die Welt. Sie bringen Kolleginnen und mit ihnen fremde Kulturen und Sprachen nach Hause. Etwa aus Indonesien oder Japan. «Und als mir mein Götti Seppi ein dickes Länderlexikon schenkte, war es definitiv um mich geschehen.»

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Praxis und Theorie
In der Schule mag sie nebst Naturwissenschaft und musischen Fächern vor allem die Sprachen. Sie lernt Englisch, Französisch, Latein, Italienisch und Spanisch. Nach der Matura im Jahr 1989 legt Judith Häfliger ein Zwischenjahr ein. Sie fährt nach Finnland. Hier befreit sie Inseln von Abfall. Darauf repariert sie in Irland alte Werkzeuge für ein Entwicklungsprojekt in Afrika. Sie bereist die USA. Auf ihren Touren durch die weite Welt sammelt die Hinterländerin Menschenkenntnisse, Erfahrungen und bleibende Eindrücke. Eindrücke aus der Praxis, welche Judith Häfliger theoretisch vertieft.
Sie studiert Geografie und Völkerkunde in Bern, Neuchâtel und Berlin. Ihre Semesterferien nutzt sie für weitere Freiwilligeneinsätze im Ausland. «Unabhängigkeit war mir immer wichtig.» Anschliessend arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin. Sie beobachtet, analysiert und evaluiert. Etwa beim Schweizerischen Roten Kreuz oder beim Bundesamt für Statistik. Diese Arbeit füllt sie aus. Dennoch reizt sie Neues.
In den Jahren 2006 und 2008 besucht sie ihr Gottenmeitschi in Bolivien. Deren Eltern sind dort in einem Entwicklungsprojekt tätig. Eine weitere Kollegin erzählt von ihrem Einsatz in Nicaragua «Alles Schlüsselerlebnisse. Motivationsspritzen für einen längeren Einsatz im Ausland.»
Aufbrechen und ankommen
«Interteam» ist eine Organisation der personellen Entwicklungszusammenarbeit. Judith Häfliger meldet sich dort zum Auswahlverfahren. «Geografisch war ich offen. Der Inhalt des Projekts musste sinnvoll sein.» Über «Interteam» erfährt sie von der Partnerorganisation Asociación para la Diversificación y el Desarrollo Agrícola Comunal, kurz ADDAC genannt. Diese Unternehmung in Nicaragua ist für die Ernährungssicherheit zuständig. Sie hilft Kleinbauern, ihre Produkte besser zu vermarkten. ADDAC sucht Ende 2014 eine externe Fachperson, welche das Personalmanagement-System überprüft und weiterentwickelt. Diese Stelle reizt Judith Häfliger, macht sie aber auch nachdenklich. Denn «Interteam» gibt eine Einsatzdauer von drei Jahren vor. «Das ist eine lange Zeit.» Ihre Eltern sind beide über 80 Jahre alt. Wer weiss, wie sich ihre Gesundheit in den nächsten Jahren entwickelt? Nach Diskussionen am Familientisch entschliesst sie sich, die Chance zu packen.
Judith Häfliger bricht im August 2015 nach Nicaragua auf. Ein gemächliches Ankommen ist es nicht. Anderes Klima, anderes Essen und ein omnipräsentes Getränk. Ihr Domizil ist die Kaffee-Hauptstadt. «Hier hat sogar die Bodylotion ein Kaffeearoma», bemerkt die Nicht-Kaffeetrinkerin. Lebendig ist es in Matagalpass. Und erst diese Lautsprecher-Autos. Anstelle von Zeitungen machen sie nonstop Werbung, preisen kulturelle Veranstaltungen an oder verkünden Todesanzeigen und Stellen­inserate.
Der Alltag
Glücklicherweise beherrscht Judith Häfliger bereits die Landessprache Spanisch. Sie unterstützt hauptsächlich den Personalchef der ADDAC. Diese Unternehmung will die landwirtschaftliche Produktion steigern. Im Einklang mit der Umwelt. «Mir sind die Meinungen und Wünsche der Einheimischen sehr wichtig», sagt die Hergiswilerin. Sie will nicht als «studierte Europäerin» wahrgenommen werden. «Sondern als Partnerin auf Augenhöhe.» So lernt sie geduldig zu sein, baut Vertrauen auf und beginnt Kaffeebohnen zu kauen. Sie berät, erarbeitet Stellenbeschriebe und führt Mitarbeitergespräche ein. Sie organisiert Informationsveranstaltungen für Kleinbauern. Und stösst dabei bei den Teilnehmern auf grosses Engagement. Sämtliches Büromobiliar wie Tafeln und Stühle wird nach jeder Tagung von einem Bauern nach Hause genommen. «In den Versammlungslokalen wären sie nicht sicher.» Ansonsten fühlt sich Judith Häfliger in ihrer neuen Heimat Matagalpa «sehr sicher». Sie beachtet die nötigen Vorsichtsmassnahmen. Sie benützt abends das Taxi. Geht ausserhalb des Zentrums nicht alleine spazieren. Die Bewegungsfreiheit fehlt ihr manchmal. So geht sie ab und zu aufs Laufband. «Hätte mir dies jemand vorausgesagt, hätte ich nur gelacht.»
Judith Häfliger steht für Veränderung. Dies hat sich auf die Belegschaft der ADDAC übertragen. Sie bringt selber Verbesserungsvorschläge ein. «Konstruktives Kritisieren und Konfliktmanagement sind momentan noch Fremdwörter», stellt Judith Häfliger fest. «Die Mitarbeitenden können zwar gut zuhören, kritisches Nachfragen braucht jedoch für viele noch Mut.» Da will Judith Häfliger ansetzen.
Die temporäre Rückkehr
Doch vorerst ist eine fünfwöchige Pause angesagt. Judith Häfliger geniesst einige Wintertage in Hergiswil. «Mit meiner Familie, meinen Freunden und sogar meinen Eltern skype ich regelmässig. Aber dies kann kein persönliches Gespräch ersetzen», begründet sie den Heimataufenthalt. So sitzt sie nun mit ihrer Mutter am Küchentisch. «Etwas Bedenken hatte ich schon, meine Judith in dieser unsicheren Region zu wissen. Aber sie sieht zufrieden aus. Das ist die Hauptsache. Ich vertraue ihr. Sie weiss schon, was gut für sie ist», sagt ihre Mutter und nimmt einen Schluck Kaffee. Judith Häfliger bleibt vorerst beim Wasser. Eine gewisse Beständigkeit braucht sie dann doch.
Weitere Infos: http://www.interteam.ch

Das Porträt von Andrea Stutz erschien am 31. Januar 2017 in der Printausgabe des Willisauer Boten.

Franz Kunz: Ein neues Leben in Südafrika

Teil 8

Frohe Weihnachten – das wünscht man sich auch in Südafrika täglich auf der Strasse. Für uns ein komisches Gefühl, stabiles Sommerwetter bei 25-30 Grad und man wünscht sich frohe Weihnachten. Daran werden wir uns wohl nie gewöhnen.

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Schon fast drei Monate ist unser „4-heaven“ fast immer ausgebucht und langsam aber sicher haben wir den Laden im Griff. Für Brigitta war die grösste Herausforderung der Einkauf für das Frühstück. Es gilt die Balance zu finden, dass immer genügend vorhanden ist und das Essen auch frisch ist. In den vergangenen Monaten hat sie sich intensiv damit auseinander gesetzt, wo sie was einkauft. So ist für sie der „Pick n’Pay“ bei Früchten, Säften und kleinere Sachen zuoberst auf der Liste, Käse kauft sie nur im „Wohlworth“ und das Fleisch kauft sie bei „Ricomondo“, einem Schweizer, der vor vielen Jahren nach Südafrika ausgewandert ist und sich hier einen Namen für gutes Fleisch gemacht hat. Die grösste Herausforderung war Brot. In Südafrika gibt es vielerorts nur Toast zum Frühstück, aber wir wollten feines Brot auf den Tisch bringen. Wir haben viel ausprobiert und unseren perfekten Bäcker gefunden.

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Unsere Gäste kommen aus Deutschland, Österreich, Holland, England und auch einige Südafrikaner. Viel sind Stammgäste unseres Vorgängers und stehen uns ein bisschen kritisch gegenüber. Aber nach dem ersten Zmorge ist jeweils der Bann immer gebrochen. Das Schönste aber ist, wir haben viele Freunde und Bekannte aus der Schweiz und es vergeht keine Woche, wo wir nicht Gäste haben, welche wir persönlich kennen. So kommt eigentlich fast nie Heimweh auf. Es ist auch wunderschön zu sehen, wie sich die Leute nach wenigen Tagen von der Freundlichkeit der Menschen, der Schönheit der Natur und der Tierwelt hier in Südarika anstecken lassen. Viele kommen aus der hektischen Arbeitswelt auf 180 bei uns an und im „4-heaven“ gilt das Gesetz der Entschleunigung.

Wir haben viel zu tun mit Planung von Ausflügen, Buchung von Rundreisen, reservieren von Abendessen und Tipps für die Tagesplanung. Wir sind gefordert, viele unserer Gäste bleiben 14 Tage bei uns und hier gilt es auch, einige Geheimtipps auf Lager zu haben. Wir kennen die Region jedoch bestens und stehen den Gästen mit Rat und Tag zur Verfügung. Am Meisten freut es uns, wenn die Gäste mit uns Mountainbike-Touren unternehmen wollen. Dann komme auch ich mal zu sportlichen Aktivitäten, denn diese kamen in den letzten Monaten leider zu kurz. Die Gäste sind begeistert von den wunderschönen Trails und der einmalig schönen Natur. Innerhalb einer Autostunde erreichen wir mehr als 30 verschiedenen Mountainbike Spots, fast alle auf privaten Farmen. Die Trails wurden von Spezialisten sanft in die Natur integriert und lassen jedes Bikerherzen höher schlagen.

In „Western Cape“ haben wir aktuell Wasserknappheit, denn in den Wintermonaten Juni bis August hat es, wie 2015, viel zu wenig geregnet. Die Schuld geben die Südafrikaner dem „El Nino Effekt“, einem Wetterphänomen das alle 10 bis 12 Jahre die südliche Hälfte der Erde betrifft. Die Pflanzen dürfen nur noch mit Giesskannen getränkt werden und wenn der Wasserverbrauch unseres Gästehauses höher ist als im Vergleichsmonat des letzten Jahres gibt es eine Busse.

In Südafrika hat es seit über hundert Jahren nicht mehr so wenig geregnet, wie in den letzten zwei Jahren. Vor allem im Inneren des Landes leidet die Bevölkerung und die Natur. Es gilt mit dem kostbaren Gut Wasser sparsam umzugehen. Hier wird uns wieder einmal bewusst, wie wertvoll Wasser ist und wir machen unsere Gäste aufmerksam, mit dem Wasser sparsam umzugehen. Wir setzen natürlich alles daran, den Wasserverbrauch so gering wie möglich zu halten.

In der Zwischenzeit haben wir die Bewilligung „permanent resident“ und unsere ID-Books erhalten. Mit dem „ID Book“ können wir uneingeschränkt in Südafrika bleiben und arbeiten. In Sachen Bürokratie ist die südafrikanische ID Nummer der Schlüssel zum Erfolg und erspart Dir lange Wartezeiten bei vielen behördlichen Angelegenheiten.

Und damit wir es auf keinen Fall vergessen: Draussen ist es 29 Grad warm.

Wir wünschen Euch allen ganz schöne Festtage zuhause und hoffen für die Wintersport Fans, dass der Schnee endlich richtig eintrifft. Geniesst die ruhigen und besinnlichen Tage, lasst es an Silvester krachen und fürs 2017 wünschen wir alles Gute, Gesundheit, Zufriedenheit und viele spannende Begegnungen.

Liebe Grüsse aus dem 4-heaven in Südafrika
Brigitta und Franz

Frühere Blogs über mein neues Leben in Südafrika unter: https://osserland.wordpress.com

Andere Länder, andere Sitten

Für viele Leute ist Neuseeland eine Destinatin zu weit weg. Für die Dagmerseller Gudrun Arn und Werner Lieger ist es der ideale Platz. Warum? Sie verraten es hier. 

Vor unserer Pensionierung suchten wir in Europa nach einem Ort, wo wir dem schweizerischen Winter ausweichen konnten. Südspanien, Südfrankreich und Süditalien – überall ist es auch im Winter kalt und man muss heizen. Bei einem Besuch in Neuseeland in 2002 fanden wir unsere Traumdestination. Doch zuerst mussten wir bis zu unserer Pensionierung arbeiten. Dann war es so weit. Im Februar 2009 fanden wir auf der Nordinsel Neuseelands unseren Traumort. Hier sind wir auf fast demselben Breitengrad wie Sydney: 35 Degrees. Im November 2009 waren wir dann bereit für unsere Traumdestination. Dort wollten wir den Winter verbringen. November hier auf der südlichen Halbkugel ist genau der Gegensatz zur nördlichen Halbkugel. Spätfrühling, Sommeranfang.

Die Temperaturen sind so um die 20 Grad und jede Woche wird es wärmer. Es gibt auch schon Tage, die 25 Grad bringen. Für uns ist das ideal. Jetzt beginnt auch die Touristenzeit. Neuseeland erlebt einen Boom an ausländischen Besuchern: Europäer, Asiaten, Inder etc. Viele kommen von Auckland per Reisebus hierher, verbringen einen Tag oder auch mehrere, besuchen die interessanten Orte hier im Norden. Andere buchen längere Aufenthalte.

November ist auch die Zeit, wo in Neuseeland die Weihnachtsvorbereitungen laufen. In der letzten Novemberwoche war die „Christmas Parade“ in Auckland. Eine grosse Sache. Letzten Freitag war sie bei uns. Da wir hier nur kleine Gemeinden haben, ist es doch erstaunlich, dass Paihia in der Bay of Islands einen Umzug zusammenstellen konnte, der gut eine halbe Stunde dauerte.

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Bevor wir im November hier eintrafen, waren bereits alle Schulklassen, Vereine und Clubs dabei, dem Thema entsprechend zu planen und zu bauen. Werner und ich machen bei „Rotary“ mit. Auf einem „Ute“ (ein kleinerer Lieferwagen, vorne Kabine, hinten Ladefläche) wurde ein grosser Oktopus aufgesetzt. Das Dach der Kabine verzierte eine offene Venusmuschel, in der Sue als Meerjungfrau sass. Einige Rotarianer liefen verkleidet um das Gefährt herum mit und verteilten Bonbons.

Das Publikum stand beidseits der Strasse und man begrüsste die Wagen mit Applaus und Gelächter. Auf einem Wagen waren fünf junge Maori, die einen Hakka demonstrierten. Dies ist der Kriegstanz der Maori und galt damals dazu, die Engländer/Franzosen zu beeindrucken bzw. ihnen auch Angst zu machen. Man könnte meinen, in Rio de Janeiro zu sein: Es ist warm draussen, die Leute sind sommerlich gekleidet und einzig die Kostümierten sowie der Weihnachtsmann schwitzen. Der Umzug ist ein wenig wie bei uns der Fastnachtsumzug, nur eben in der Wärme.

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Nach dem Umzug treffen sich die Teilnehmenden in einer Bar oder in einem Restaurant und feiern. Die Preisvergabe erfolgt ein bis zwei Tage später. Danach dauert es nicht mehr lange und die Schulferien für Weihnachten beginnen.

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Auch hier haben die Clubs und Vereine ihre „X-mas-Parties“ und wir haben bereits viermal „bring a plate“ gehabt. Das ist auch so eine Eigenart hier. Da wird ein Datum bestimmt und alle Mitglieder sind dazu eingeladen, etwas zu essen, meistens „Fingerfood“ mitzubringen. Das ist für uns neu und die interessantesten Sachen kommen da zusammen. Das erste Mal, als wir im Tennisclub zu „bring a plate“ eingeladen wurden, dachten wir, dass der Verein arm sei. Ich fragte noch, ob sie eine Porzellan-, Glas- oder Silberplatte haben wollten. Man schaute mich total entgeistert an und meinte nur lakonisch „etwas zu essen drauf“. Wir sind und waren nicht die Einzigen, die diese Eigenart erlebt haben. So ist das halt: andere Länder, andere Sitten. Und das macht es auch interessant und spannend.

In dem Sinn wünschen wir allen Daheimgebliebenen ebenfalls ein wunderschönes Weihnachstsfest.

Eine andere Welt am Ende der Welt

Pfaffnau/Südafrika Meret Hartmann reiste als Volontärin für fünf Wochen in den Busch Südafrikas. Sie berichtet von ihrer Arbeit als Lehrerin, Tierpflegerin, Streitschlichterin und Spielkameradin für einen Affen bei Daktari Bush School & Wildlife Orphanage.

von Meret Hartmann

Es ist ein unbeschreibliche Gefühl von nervöser Spannung, das ich bekomme, wenn ich in ein Flugzeug einsteige um in ein neues Reiseabenteuer zu starten. Diesen Sommer zog mich mein Fernweh nach Südafrika, in ein Land mit zwei Gesichtern. Diese sind nirgends besser zu erkennen, als auf dem Weg von Johannesburg nach Hoedspruit. Von der pulsierenden Stadt mit sechsspurigen Autobahnen gehts über die holprige Provinzstrasse an den Rand des berühmten Kruger Nationalparks.

Wortwörtlich im Busch gestanden

Ein  kleiner Shuttle Bus brachte mich aus dem niemals schlafenden Johannesburg, wo sich weder Frau noch Mann alleine auf die Strasse trauen, in eine Welt, die den Tieren gehört und  die Menschen zumeist am kürzeren Hebel sind. Im Niemandsland und umgeben von ausgetrockneten Bäumen liegt die Daktari Bush School & Wildlife Orphanage. Mein Reiseziel. Warum auch nicht? Mir fällt kein Grund ein, meiner Grossmutter tausende…

Ein Projekt, das «Aufwecken» soll

Daktari ist eine non-Profit Organisation. Das Gründerehepaar Michele und Ian Merrifield haben sich vor über zehn Jahren einer Mission verschrieben: Ein kleines Fleckchen am Ende der Welt, in einem Land, das sich seit vielen Jahren im aussichtslosen Wirbel von Korruption, extremem sozialen Gefälle und Zukunftslosigkeit befindet, zu einem besseren Ort zu machen. «Das grösste Problem in diesem Land ist Apathie. Die Menschen leben einfach nur so vor sich hin», sagt Ian Merrifield immer wieder. «Unser Ziel ist es, die Kinder aufzuwecken. Sie sollen hier Motivation lernen.» So leisten die beiden seit einem Jahrzehnt Aufklärungsarbeit für Kinder aus den umliegenden Dörfern. Diese  kommen aus ärmsten Verhältnissen. Sie wohnen in kahlen Siedlungen, die sich über Jahre an den Strassen gebildet haben.

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Volontaire mit afrikanischen Schülern. Vorne links: die Pfaffnauerin Meret Hartmann

Kulturschock erster Klasse

Jede Woche dürfen acht Kinder aus einer von drei lokalen Schulen von Montag bis Freitag nach Daktari kommen. Sie sind sich an Klassen von über 60 Schülern gewöhnt. Als ich eine der Schulen besuchte, aus der meine allererste Gruppe kam, erlebte ich einen wahren Schock. Die achte Klasse, eingepfercht in drei riesige Schulzimmer, sollte gerade in einer Unterrichtsstunde sitzen. Was ich sah: Lehrer, die  auf dem Hof Orangen assen, während die Kinder im Schulzimmer warteten, tanzten oder Musik hörten. Die Frage, die mich seit diesem Tag immer wieder beschäftigt hat: Wie kann ein Land jemals aus seiner Misere aufwachen, wenn sich niemand um die Zukunft seiner Kinder schert?

In Daktari erleben die Kinder nicht selten zum ersten Mal, dass sich jemand für sie interessiert und ihnen Aufmerksamkeit schenkt. Sie lernen ihr Land einmal von einer völlig anderen Seite kennen und dürfen das Buschleben hautnah erfahren. Was nach einem spassigen Sommercamp klingt, ist für die Volontäre wie auch die Kinder harte, aber überaus spannende Arbeit.

Eine tierische Lektion

Der Tag beginnt um sieben Uhr mit einem Spaziergang mit Terrier Mirabelle und Rottweilermädchen Nikita. Dann helfen die Kinder den Volontären alle Käfige der Tiere auszumisten, bereiten Essen für sie zu. Was für uns nach einer Banalität klingt, ist für diese Kinder wie eine völlig neue Welt. Ohne dieses Vorwissen bin ich in meiner ersten Woche mit einem der Kinder den Hasenstall am Putzen, als das Kind mir erzählt, es habe noch nie einen Hasen gestreichelt. Begeistert, ihm etwas Neues zeigen zu können, nahm ich einen der kleinen Hoppler auf den Arm und reichte ihn dem Jungen. Als das kleine Häschen anfing zu zappeln, bekam der Junge prompt einen Kreischanfall und liess das Fellknäuel fallen. Meine Lektion dieses Morgens: es ist nicht einfach klar, vor welchen Tieren man Angst zu haben braucht.

Lernen,
zur Umwelt Sorge zu tragen

Die Kinder lernen in Daktari jedoch nicht nur, sich um die Tiere zu kümmern. Die Volontäre bringen ihnen Höflichkeitsregeln bei, zeigen ihnen, wie sie im Busch Tiere an ihren Spuren erkennen können und wie sie mit der Naur richtig umgehen.  Ein schwerwiegendes Problem in Südafrika ist die extreme Umweltverschmutzung durch Abfall. In den Dörfern gibt es keine Sammelstellen. Die Bewohner verbrennen ihren Müll im Garten. Im Unterricht lernen die Kinder, wie gefährlich herumliegender Müll für Tiere ist, und wie giftig verbrennender Plastik für die Menschen sein kann. Als besonderes Highlight gehen die Volontäre mit den Kindern in das benachbarte Big Five Game Reserve Makalali. Dort dürfen die Kinder mit den Angestellten sprechen und sich über Jobmöglichkeiten in einer Game Lodge informieren. Oft sehen sie zum ersten Mal in ihrem Leben Giraffen, Elefanten und Zebras. «Die Kinder haben in den meisten Fällen keine Ahnung, was ihr eigenes Land alles zu bieten hat», sagt Ian Merrifield.

Perspektiven geben

Während meiner zweiten Woche betreute ich in einer Gruppe einen Jungen, der panische Angst vor Hunden hatte. Als Psychologin sah ich natürlich meine Chance, dies zu ändern. Was für ein Mut sich der Junge über die Woche antrainiert hat, ist einfach nur zu bewundern. Bis am Donnerstag spielte er mit Rotweilerhündin Nikita Fussball. «Ich habe hier gelernt, dass ich auch als einzelne Person etwas verändern kann», schwärmt auch meine Zimmernachbarin Brittney Foard von ihrer Zeit bei Daktari. Doch bewirkt der Aufenthalt in Daktari bei den Kindern auch eine nachhaltige Veränderung? Willington «Will» Mafogo war als 13-jähriger nach Daktari gekommen. Heute, fast zehn Jahre später, ist er als Animal-Manager im Camp tätig. Auch Patience Moripa war vor zwei Jahren noch als Gast im Busch. Heute ist die 21-jährige als Volontärkoordinatorin mitten im Geschehen, und muss nicht selten die Sprachbarriere zwischen den internationalen Volontären und den Sepedi sprechenden Kindern überbrücken.

Die multikulturelle Atmosphäre bei Daktari macht den Aufenthalt so unglaublich spannend. Man lebt rund um die Uhr miteinander, die Leute haben die verschiedensten Geschichten und Kulturen und trotzdem könnte es kaum familiärer zu und hergehen. Hinzu kommt: Das Gefühl beim Anblick von Zebras, Giraffen oder einer ganzen Herde Antilopen, ist einfach unbeschreiblich. Wie viel ich von den Menschen, die dort leben und täglich mit dem Ziel zur Arbeit gehen, ihr Land zu einem besseren Ort zu machen lernen durfte, kann ich auch kaum in Worte fassen. Und wer kann schon von sich behaupten, mit einem Weissbüschelaffen gekuschelt und nachts alle drei Stunden Eichhörnchenbabys gefüttert zu haben. Ich habe schon einige tausend Kilometer entfernte Plätzchen bereist und auch wieder verlassen müssen, aber kein Abschied fiel mir jemals so schwierig, wie von dieser völlig anderen Welt zurück in meine eigene.

Franz Kunz: Ein neues Leben in Südafrika

Teil 7

Gott gab den Europären die Uhr – und den Afrikanern die Zeit“. Dieses afrikanische Zitat verdeutlicht recht anschaulich, dass Tage, Stunden oder Minuten Maßeinheiten sind, die je nach Kultur verschieden wahrgenommen oder eingeschätzt werden und mit denen unterschiedlich umgegangen wird. Diese kulturabhängigen Unterschiede im Zeitempfinden können zu groben Störungen bei der Zusammenarbeit führen! (Auszug aus Wikipedia)

Liebe Leute in der Heimat, ich habe Euch nicht vergessen. Seit meinem letzten Chat sind ja 4 Monate vergangen, Juli und August verbrachten Brigitta und ich in der schönen Schweiz. Wir haben viele Freunde und gute Leute getroffen, das 24 Stundenrennen war ein Riesen-Erfolg mit perfektem Wetter und am Eidgenössischen hat auch ein würdiger König gewonnen. Ende August haben wir uns nach zwei wunderschönen Monaten in der Heimat wieder auf den Weg in unsere 2. Heimat gemacht. Das 4-heaven erstrahlte im gleichen Glanz wie wir es verlassen hatten, hier haben unsere Homesitter Gilberte und Jürg einen grossartigen Job gemacht. Sehr herzlich wurden wir von unseren beiden Angestellten Rosé und Prosper begrüsst.

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Im Garten blühen ganz rot die Clyvia, die Rosen sind zurückgeschnitten, der Rasen bei heiklen Stellen neu bepflanzt, der Pool erstrahlt blau und die besprochenen kleinen Malerarbeiten wurde ausgeführt. Die neue Saison startet bei uns am 30. September, wir haben also noch gut einen Monat Zeit, die Sachen zu verändern, wo wir Bedarf sehen und viele Sachen haben wir auch so für geplant.

Der grösste Brocken ist die Renovation der Gäste-Suite und die Neuverkittung der Fenster. Hier wollte ich nicht wieder den gleichen Fehler machen, wie bei der Renovation unseres privaten Bereiches. In Südafrika gibt es keine ausgebildete Fachleute. Der Inhaber erteilt an seine Arbeiter die Aufträge und ist dann wieder weg. Das grosse Problem der Afrikaner ist der Umgang mit den Sachen. Lässt sich zum Beispiel eine Schraube nicht lösen, wird kurzerhand das ganze Ding aus der Wand gerissen – „welcome to Africa“. Du musst also ständig auf Achse sein und die Arbeiten überwachen und die Maler und Gipser zurecht weisen. Hin und wieder wird es halt manchmal laut, aber dafür belohnst du die Arbeiter am Mittag mit einer Pizza oder einem Dessert. 4 Tage lang hatten wir die Maler und Gipser im Haus und wenn du denkst, am 2. Tag haben sie es geschnallt, weit gefehlt. Trotzdem es viele Nerven gekostet hat, erstrahlt die Suite heute in neuem Glanz.

Vor der 3. Septemberwoche hatte ich schlaflose Nächte, denn die Holzfäller haben sich angemeldet. Die grossen Palmen müssen geschnitten werden, die 5 Meter hohen Riesen-Strelizien geputzt und dann wollten wir noch 2 grosse Bäume fällen, welche den Ablauf des Daches immer wieder bei starkem Wind verstopften. „Wie sieht wohl danach unser schöner Garten aus, der in voller Blüte steht“.

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Endlich mal eine positive Ueberraschung. Der Inhaber der Firma war ein Namibia-Deutscher und er kam mit 10 schwarzen Südafrikanern. Die ganze Zeit war er vor Ort und schimpfte mit den Angestellten wie ein Rohrspatz. Da hatte ich ja noch einen heiligen Umgang mit den Malern und Gipsern. Zuerst wurde ein Baugerüst um die Bäume herum aufgestellt und ein Auffangnetz installiert.

Ein Arbeiter, notabene in Jeans und Bluse mit einem dicken Gurt, Karabinerhaken, wo er seine Motorsäge gesichert hatte, stieg auf den Baum. Am 40cm dicken Yellow-Wood Baum wurden die Aeste von unten nach oben abgesägt, aus dem Netz genommen und abtransportiert. Zuletzt wurden von oben nach unten 30cm breite Stücke geschnitten und anschliessend zu Brennholz verarbeitet. Alles lief perfekt und keine unserer schönen Pflanzen kamen zu Schaden. Wahnsinnig der Mann mit der Motorsäge, ungeschützt und ungesichert auf dem Baum, ein gefährlicher Akrobat.

Ende August sind die neuen Mietbikes von Scott angekommen. Hier haben wir eine sehr gute Zusammenarbeit mit einem örtlichen Bikehändler und Scott. Wir haben uns zu dieser Investition entschieden, denn wir wollen in Zukunft vor allem bei sportlichen Gästen uns auf Mountainbike spezialisieren. Südafrika investiert extrem viel in ein sehr gutes Mountainbike Netz, leider fehlt den Bikegeschäften das Geld für gute Mietbikes. Unsere zwölf Fullys und zwei E-Mountainbike sind exclusiv für unsere Gäste und wir wollen auch gezielte Mountainbike Aktivferien in Gruppen, aber auch sehr individuell, anbieten.

Am 30. September kamen unsere ersten Gäste und im Oktober waren wir komplett ausgebucht. Brigitta hat jetzt auch endlich mal schlaflose Nächte; wie kommt das Zmorge an, habe ich genügend eingekauft, was sagen unsere Gäste über unser Haus. Aber wie immer im Leben, es braucht auch die Spannung denn nur mit Spannung kannst du ja auch eine gute Leistung abrufen.

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Vielen Gäste, welche im Oktober bei uns sind, haben wir komplette Rundreisen geplant. Natürlich waren wir über dessen Reaktionen gespannt, denn für viele war es die erste Südafrika Reise. Praktisch allen ging es wie mir, als ich vor 15 Jahren das erste Mal in dieses wunderschöne Land kam. Zuerst siehst du die auf der einen Seite die Townships mit einem sehr mulmigen Gefühl und dann auf der anderen Seite den Reichtum; unverständlich wie ein Land so funktionieren und friedlich zusammenleben kann. Nirgend prallen die westliche und die 3.Welt so krass aufeinander wie in Südafrika. Aber nach 2-3 Tagen kommst du an, und bist von der Natur und vom Hype, welche diese Menschen austrahlen, begeistert.

Weihnachten steht vor der Tür: Vieles ist auch hier so ähnlich wie bei uns, welches mir auch in der Schweiz immer grosses Kopfschütteln auslöste. Am 10. Oktober flatterten die ersten Weihnachtsprospekte ins Haus, im Shopping Center steht ein grosser, künstlicher, geschmückter Weihnachtsbaum und überall werden Weihnachtsdekorationen angeboten. Aber noch viel komischer für mich, Sommer und Weihnachten? Ja bei uns kommt jetzt der Sommer. Das Wetter ist stabil und die Temperaturen steigen täglich über 20 Grad und es regnet kaum. Komisches Gefühl, sommerliche Temperaturen und Weihnachtsstimmung, daran werden wir uns wohl nie gewöhnen können.

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Teil 6: Einkaufen und Essen in Südafrika

Wir werden immer wieder gefragt, wo wir einkaufen für ein gutes Zmorge fürs Gästehaus. In Südafrika hat man kein schlechteres Angebot als in der Schweiz. So gibt es überall Jägermeister, Red Bull, Aromat, Emmentaler, Schweizer Schokolade in vielen Varianten, ja sogar die Nespresso Kaffeemaschine. Eingekauft wird im Woolworths (ähnlich wie ein Manor in der Schweiz), im SPAR (Coop), Cheeckers (Migros), Pick’n’Pay (Aldi/Lidl), Game (Otto’s) oder in einem der vielen Hardcore-Discounter, wo sich vor allem die schwarze Bevölkerung eindeckt. Das Angebot an Früchten ist riesig, schliesslich kann man ja hier fast alles zwei bis dreimal im Jahr ernten. Jeden Tag steht das Müesli, welches übrigens bei allen Anbietern mindestens in zehn verschiedenen Sorten erhältlich ist, mit vielen Früchtevarianten bereichert, auch in Südafrika zuoberst auf der Liste.

Beim Käse kann man zwischen vielen einheimischen Sorten wählen, bei den Weichkäsen werden die Schweizer Erwartungen erfüllt. Bei den Hartkäsen zieht der verwöhnte Eidgenosse die Importkäse vor, so gibt es im Wooly (so nennen die Einheimischen den Woolworths) Parmesano aus Italien und Emmentaler, Greyerzer und Appenzeller aus der Schweiz. Zwar fast so teuer wie bei uns, aber was solls? Viele unserer Gäste bleiben gar drei bis vier Wochen bei uns im „4-heaven“, also darfs auch mal ein bisschen Schweizer Käse zum Zmorge sein. IMG_5502

Beim Brot gehen in den Gästehäusern die Meinungen auseinander. Vielerorts gibts nur braunes oder weisses Toastbrot. Wir haben natürlich alle Möglichkeiten abgeklappert, um unsere Gäste jeden Tag mit richtigem, frischem Brot zu verwöhnen. Ganz in unserer Nähe macht die Spar-Bäckerei recht gutes Brot und jeden Tag frische, wunderbare, mastige Buttergipfeli. Brigitta, so hoffe ich, wird zudem jeden Sonntag einen feinen Zopf backen.

Bei den Eierspeisen gibt es natürlich das ganze Programm, vom 3-Minuten Ei, über Rühreier, Spiegeleier und Omeletten in allen Varianten.

Auf den guten Kaffee muss man auch in Südafrika nicht verzichten. Das Erste, was ich mir für meinen privaten Bereich gekauft habe, ist eine Nespresso-Kaffeemaschine. Diese gibt es in Südafrika in fast allen grösseren Haushaltgeschäften zu kaufen. Auch beim Filterkaffee gibt es ein riesiges Angebot und obwohl die Südafrikaner Teetrinker sind, kommen die Kaffeeliebhaber nicht zu kurz.

Natürlich steht für unsere Deutschen Gäste Nutella auf dem Tisch, und wer es gerne süss mag, öfters gibt es auch frische Muffins. In jedem Gästezimmer steht für alle Frühaufsteher ein Wasserkocher für die Zubereitung von Tee oder Kaffee. Apropos Wasser – dieses ist bei uns am Kap von einwandfreier Qualität und das Hahnenwasser kann bedenkenlos getrunken werden. Im Lebensmittelbereich muss man auf nichts verzichten, was es in den Schweizer Regalen nicht auch gäbe; so sind bei den Gewürzen Aromat und Knorr im Regal, italienische Pasta ist ebenso vielfältig, wie schweizer- und belgische Schokolade. Ja, bei den Südafrikanern scheiden sich die Geister, welche besser ist. Hier müssen wir noch Entwicklungsarbeit leisten.

Apropos Kassenschlange: In Südafrika werden die Jobs nicht wie in der Schweiz überall aus Kosteneffizenz wegrationalisiert. Denn das Schlimmste ist Arbeitslosigkeit und diese ist in Südafrika sehr hoch. Der Parkplatzanweiser passt für ein kleines Trinkgeld wie ein Wachhund auf dein Auto auf. Falls Du nicht mehr genau weißt, wo Dein Mietwagen steht, er wird ihn dir zeigen.

In den Supermärkten steht vielerorts ein freundlicher Kassenanweiser, welcher dir die freie Kasse zeigt, die Kassierin zieht die eingekauften Artikel über den Code-Leser und zwei freundliche Damen helfen beim Einpacken. Bezahlt wird mit der Debit- (entspricht unserer EC-Karte) oder Kreditkarte. Ja in Südafrika zahlt fast nie jemand, auch kleinste Beträge, bar. Das Bankensystem in Südafrika ist topmodern, nach jeder Zahlung erhälst Du ein Gratis-SMS und wenn etwas nicht seine Richtigkeit hat, kannst Du die Zahlung sofort blockieren.IMG_5388

Zu den Kosten: Alles was in Südafrika produziert und verarbeitet wird, kostet meist weniger als die Hälfte gegenüber der Schweiz. Importprodukte sind etwa 20 bis 30 Prozent günstiger, jedoch für die meisten Südafrikaner nicht bezahlbar. Extrem günstig ist der Wein: Südafrika produziert Spitzenweine und diese kosten im Weinshop so zwischen fünf bis 10 Franken maximal. 

Top Restaurants in Südafrika

Ja, man glaubt es kaum, aber in unserer Region gibt es über 100 Spitzenrestaurants. Viele Weingüter setzen seit einigen Jahren neben Wine-Testing auch auf den Gastrobereich. Es ist ein grossartiger Wettbewerb entstanden und Spitzenköche geben alles, um in den Top 10 zu sein. Das Essen ist super gut, die Gastfreundschaft 1a und für uns Schweizer ist das Preis-Leistungsverhältnis unglaublich günstig. So kostet ein 300 Gramm Rindsfilet mit Beilagen in der Regel so um die 15 Franken. Die Auswahl auf der Speisekarte ist exzellent und in der Hauptsaison (Weihnachten-Ostern) müssen einige Gourmet-Restaurants Monate im Voraus reserviert werden. Wer findet, das Essen sei zwar gut, aber die Weinauswahl stimmt nicht, kann auch gegen ein kleines Zapfengeld seinen eigenen Lieblingswein mitbringen. In Südafrika ist für die Angestellten der Restaurants, die Zimmermaid, den Scheibenputzer an der Tankstelle sowie für den Parkplatzbewacher, ein kleines Trinkgeld Pflicht. Während im Restaurant 10 Prozent üblich sind, erhält das Zimmermädchen eines Gästehauses pro Woche so um 100 Rand (ca. Fr. 6.50) und fürs Scheibenputzen und Auto bewachen gibts fünf bis zehn Rand.

Was ist bei uns so alles passiert

Wir waren zwei Wochen an der Gardenroute unterwegs und haben uns nach Aktivitäten und Gästehäuser umgeschaut, denn wir wollen ja unseren Gästen nur das empfehlen, wo wir auch dahinterstehen können. Zudem planen wir ja auch mehrtägige Mountainbike- Touren von unserem „4-heaven“ aus. Wir haben viele spannende Sachen erlebt und viel interessante Leute kennen gelernt. Rechtzeitig zum Beginn der Euro waren wir wieder zu Hause.

Um 18 Uhr ist es stockdunkel. In Südafrika sind ja die Jahreszeiten umgekehrt, der 21. Juni war der kürzeste Tag, am 21. Dezember ist es Hochsommer und der längste Tag. Endlich haben wir auch den langersehnten Regen erhalten, denn das Land ist viel zu trocken. Regen gibt es praktisch nur in den Wintermonaten Juni bis August. Es gibt aber auch viele schöne Sonnentage und wenn die Sonne scheint, sind 20 Grad keine Seltenheit, die Nächte sind aber recht kühl und öfters unter 10 Grad. Wir sitzen vor dem wärmenden Kamin und schauen natürlich viel Fussball.

Diese Woche ist endlich auch unsere richtige Autonummer eingetroffen, unser Treuhänder hat uns die Steuernummer mitgeteilt und von Tripadvisor bekamen wir die Auszeichung „Excellence“. Ja, es war eine gute Zeit in Südafrika.

Am letzten Freitag hatten wir hohen Besuch vom Tourismus-Departement. Über 100 Fragen mussten beantwortet werden, es wurden Fotos gemacht, und unter anderem wurde die Qualität des Bestecks und Geschirrs für das Zmorge und der Zustand der Kleiderbügel in den Zimmern kontrolliert. Energie sparen war ein grosses Thema. Auch in Südafrika ist es Pflicht, Licht auf LED umzustellen. Gott sei Dank erhielt das „4-heaven“ die erhofften vier Sterne ohne Auflagen.

Zurück in der Schweiz

Am 1. Juli kehren wir wieder in unser geliebtes Heimatland zurück und wir bleiben bis nach dem Eidgenössischen Schwingfest in der Schweiz. Am 31. August gehts zurück in unser 4-heaven. In dieser Zeit schauen Gilberte und Jürg zum Rechten in unserem Gästehaus. Für uns ein Glücksfall, denn die beiden hatten bis vor kurzem auch ein Gästehaus. Die Angestellten arbeiten ja durch, denn vor allem der 3000 Quadratmeter grosse Garten gibt im südafrikanischen Winter viel zu tun.

Zum Saisonstart im September ist es zwar vor allem in der Nacht noch etwas kühl, aber dafür sieht man in der Gordons Bay aus nächster Nähe die Wale. Diese kommen im Juni aus der weit entfernten Antarktis um in den ruhigen Gewässern Südafrikas zu gebären. So gegen Oktober-November, wenn die Jungen kräftig genug sind, machen sie sich wieder auf die lange Reise. Dieses Spektakel findet jedes Jahr statt und zieht viele Tierliebhaber an.

Teil 5: Südafrika und die Fussball-EM

Wer glaubt, in Südafrika gehe die Fussball-EM in Frankreich den Leuten am A… vorbei, der irrt. Fussball ist in Südafrika nicht erst seit der Weltmeisterschaft 2000 in aller Munde. An den Wochenenden laufen auf vier Sportsendern die Deutsche Bundesliga, Englische Premierleague und die Spanische Meisterschaft. In den Pubs herrscht dann immer viel Bierbetrieb und manch einer legt sein überall geliebtes Springbock Tricot zur Seite und taucht im Bayern München, Liverpool oder Barcelona Tricot auf. Übrigens: Springbock ist das Trikot der südafrikanischen Rugby Nationalmannschaft und wenn die „Bafana-Bafana“ spielt trägt Schwarz und Weiss, Mann oder Frau, sei es auf dem Bau, im Büro, an der Kasse im Supermarkt oder am Stand mit grossem Stolz die Farben Südafrikas. Auf den Strassen Kapstadts ist freie Fahrt, denn jeder sitzt gespannt vor dem Fernseher.

Aber zurück zur Fussball Europameisterschaft: In den Sportzeitungen ist schon lange viel zu lesen. Im Allgemein-Teil der Tageszeitungen widmet man sich mehr der Terror Angst an den Spielen und infolge des massiven Sicherheitsaufgebots sprechen manche von „War in France“. Viele Fussball-Journalisten glauben an die Deutschen, andere rechnen mit den Spaniern und viele sehen England als Geheimtipp. Auf die Schweiz setzt – übrigens wie ich auch – leider niemand. Ja die Schweiz wird nur am Rande erwähnt. Bei den Wetteinsätzen sieht es Stand heute, für uns besser aus, so würden bei einem 1:0 für Albanien gegen die Schweiz das 9-fache, bei einem 1:0 für die Schweiz das 5-fache gelöst. Bei einem 3:2 der Albaner würde sogar der 134-fache Wetteinsatz ausbezahlt. Bei einem 1:0 Sieg der Schweizer gegen die Franzosen gäbe es für den mutigen Wetter das 13-fache, umgekehrt das fünffache und bei einem 4:0 über die Franzosen das 134-fache! Die südafrikanischen Wettspezialisten glauben wie ich, dass die Schweizer keine Tore schiessen.

Ich freue mich, wenn es los geht, denn die Spiele werden in Südafrika alle live übertragen. Aus werbetechnischen Gründen jedoch nicht auf europäischen Sendern, sondern auf den Sportsendern Südafrikas, was gar nicht schlecht ist, denn die Reporter lassen jeweils ihren Emotionen freien Lauf. Schweiz-Albanien werden wir in der Nähe von Port Elisabeth in einem Pub anschauen und hoffen, denn einen oder anderen Schweizer in den Nationalfarben anzutreffen.

Bei mir persönlich hält sich die Stimmung in Grenzen, zwar habe ich die letzten Jahre viele EM- oder WM Spiele live gesehen und war an vielen Spielen der Schweizer Nati live dabei. Die Vorbereitung war mut- und lustlos und hat wie bei mir, sicher auch bei vielen Eidgenossen keine Euphorie ausgelöst. Die Schweizer haben gute Einzelspieler, aber das Herz der Mannschaft fehlt, es fehlt an Leidenschaft, am Feuer des Trainers, der überhaupt nicht zu diesen Jungs passt. Hier würde ein richtiger „Köbi“ und Motivator gut tun. Ich hoffe zwar, dass die Schweiz die Gruppenphase übersteht, das wird es aber dann wohl gewesen sein. Aber gerne lasse ich mich überraschen.

Rechtzeitig zu den Viertelfinals sind wir wieder bis Ende August in der geliebten Schweiz und ich hoffe doch, noch ein bis zwei Spiele live zu sehen und wer weiss, vielleicht gibt es doch eine ganz kleine Hoffnung, an diesem Abend die Schweizer Landeshymne mit Hand auf der Brust aus voller Kehle zu singen.

Teil 4: Anfängerfehler

Die Maler wurden pünktlich fertig, die Wand strahlt im gewünschten Grünton, der Plattenboden wurde so gut wie möglich mit Nitro gereinigt und schon gab es vom Maler den Bewertungsbogen. Nach Schweizer Massstab waren wir ja mit der Preis-Leistung zufrieden. Wir sind ja hier in Afrika: Also was solls, gaben wir überall 10 von 10 möglichen Punkten. Die Probleme erkennen wir erst jetzt, wo wir unsere Wohnung einrichten. Die Möbel sind übrigens pünktlich geliefert worden. Alle Sachen wurden bei uns vor Ort ausgepackt, montiert und das Verpackungsmaterial mitgenommen. Die Grundausstattung für unsere Wohnung ist gemacht, jetzt werden wir noch an den Details feilen. Natürlich soll sie einen afrikanischen Toutch haben.

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Kabelsalat: Welcome to South-Africa

Als eines der wenigen Gästehäuser haben wir am Kap der guten Hoffnung DSTV, das heisst unsere Gäste können deutsche Sender schauen. Am vergangenen Samstag wurde ja auf ARD der Deutsche Cupfinal Bayern-München gegen Borussia Dortmund ausgetragen. Klar, dass unsere Gäste aus dem Ruhrgebiet ihren BVB live sehen wollten.

Leider funktionierte überhaupt nichts mehr und ein Blick in den Kabelsalat hat ergeben, dass einige Kabel durch die Malerleiter zerdrückt und aus den Führungen gerissen wurden. Ich war also gefordert, denn abends um 20 Uhr war Fussball angesagt. Zuerst Telefon mit dem Fernseh-Installateur. Weit gefehlt: Auch das Flehen von Brigitta nützte nichts – heute ist Samstag, keine Zeit für Arbeit! Also versuchte ich das Problem selber zu lösen. Ich rief zuerst Uwe, meinen Vorgänger an, ob er sich auskenne und eine Lösung hat. „Kacke“ – war seine Antwort, Technik ist auch nicht sein Ding, also selber schauen.

Das Spiel wird jedoch in Südafrika aus sponsorenrechtlichen Gründen nicht auf ARD übertragen. Uwe teilte mir jedoch mit, dass es auf einem südafrikanischen Sportsender direkt übertragen wird. Ich fragte noch meinen Gärtner Prosper und dieser bestätigte mir, dass er heute Abend auch Bayern schauen werde. Für mich bestand deshalb noch eine kleine Hoffnung, denn die südafrikanischen Sender finde ich wahrscheinlich schneller als dieDeutschen.IMG_5273

An diesem wunderschönen Samstag Herbstmorgen haben eigentlich Brigitta und ich eine schönes „Velotüürli“ geplant, leider wieder nichts – Fernseher flicken. Ich bin ja technisch auch nicht „der Hirsch“ und das erste Mal habe ich mich über die Maler, aber auch über mich, sehr geärgert. Uwe hat mir am Telefon erklärt, dass auch bei einer leeren Wohnung die Maler nie aus den Augen gelassen werden dürfen, vor allem wenn der Malermeister selber nicht vor Ort ist. Da war ich schon zu blauäugig, habe gelernt – wenn Handwerker im Haus sind, gilt es aufzupassen wie ein Rotweiler Rüde. Anfängerfehler!

Den ganzen Tag kämpfte ich mit dem Kabelsalat und irgendwie hatte ich immer Vacuum-Kontakt. Einige Male schaffte ich es, ein Schwarz-Weiss Bild hinzukriegen, das war aber schon alles. Nach etwa sechs Stunden Fernsehstress siehe da, wie ein Wunder – die südafrikanischen Sportsender funktionierten. Ich war so richtig stolz auf mich! Die Freude war jedoch von kurzer Dauer, nachdem ich bemerkte, dass die Sender nur in unserem Privatbereich, jedoch nicht in den Gästezimmern, funktionierten.

Aber wir sind ja flexibel. Uwe hat mir seinen Riesenfernseher verkauft und deshalb entschieden wir uns, dass heute alle Gäste auf dem Grossbildschirm bei Bier und Chips, Bayern gegen BVB, in unserer neuen Stube sehen können. Pünktlich um 20 Uhr gings los. Die Begeisterung bei unseren Gästen war riesig. Einziger Wehrmutstropfen: Unser BVB verlor das Penaltyschiessen. Und BVB-Goalie Roman Bürki wurde leider nicht der Held des Abends. Schade!

Planen Rundreisen an der Gardenroute

Nun sind unsere letzten Gäste nach wunderschönen Herbsttagen zurück nach Europa und wir haben endlich mal Zeit für uns. Unser Mehrwertsteuernummer ist übrigens in der Zwischenzeit auch eingetroffen und wir können unser Auto bis Ende Mai pünktlich einlösen. Es braucht halt alles ein bisschen mehr Zeit in Südafrika.

Wir bearbeiten viele Anfragen, planen Rundreisen an der Gardenroute und reservieren Mietautos für die kommende Saison. Am Kap beginnt die Saison im September und dauert bis Ende Mai. Die erste Juni Woche sind wir noch vor Ort und decken uns mit allem Nötigen für Küche, Stube, Schlafzimmer und Bad ein.

Anfangs Juni werden wir alle Partner-Gästehäuser an der Gardenroute besuchen, denn wir wollen alles gesehen haben, was wir unseren Gästen weiter empfehlen. In dieser Zeit kommen wir hoffentlich auch ein bisschen zum Rennvelo fahren.

Wir haben auch schon einige gute Leute kennengelernt und mit Ursi und Markus Pfister sowie Gilberte und Jörg Roth aus Luzern, welche alle ganz in unserer Nähe wohnen haben wir viele schöne Kontakte. Brigitta hat übrigens bereits eine Nachbarin als Freundin – zuhause würde ich sagen „das Willisauer Tagblatt“. Und morgen Mittwoch gehts sie erstmals mit ihr in den „Book Club“ – so nennt man in Südafrika ein Frauenkränzli.

Ja wir sind angekommen, am Kap der guten Hoffnung.

Teil 3: Die Übernahme des Guesthouses

Am 23. April verabschiedete ich mich von meinen Mitarbeitern bei Kunz-Sport Willisau und GO-IN Sursee. Trotzdem wir den Abschied vorgängig zünftig gefeiert hatten, war es für mich an diesem regnerischen, kalten Samstag ein ganz spezieller und trauriger Tag. Nach 37 Jahren den Schlüssel übergeben und „Tschüss zäme“ sagen: das ging ans „Eingemachte“. Zum Glück hatten alle viel zu tun. Viele meiner Mitarbeiter waren über 15 Jahre in meinem Team und mir sehr ans Herz gewachsen. Zum Glück sehen wir uns ja schon bald wieder.IMG_4905

Am 24. April begann unser Abenteuer. Während zehn Tagen wurden wir von unserem Vorgänger Uwe bestens mit dem Gästehaus vertraut gemacht. Für Brigitta und mich viel Neues und Spannendes, unser Hirn ist gefordert. Im Haus können wir auf die guten Dienste von Rose zählen, welche seit Anfang an dabei ist.

Ich bin vor allem mit unserem 5000 Quadratmeter grossen Garten sehr gefordert, viele tropische Pflanzen wachsen hier und diese müssen gehegt und gepflegt werden. Unser Gärtner Prosper ist sehr arbeitssam, aber man muss ihm auch nach drei Jahren sagen, was zu tun ist. Gott sei Dank bin ich in einer Bauernfamilie aufgewachsen und habe noch einen ganz kleinen grünen Daumen.

Wir sind froh, dass wir ein Gästehaus erworben haben, welches auf dem Markt sehr bekannt ist und einen guten Namen hat. Wir haben ja die Liegenschaft und ein bestehendes, eingetragenes Geschäft übernommen. In Südafrika merkt man erst, dass man in einem Schwellenland ist, wenn es um Technik und Ämter geht. Alles ist vorhanden, jedoch die Infrastruktur hinkt hinterher. Wenn wir beispielsweise in der Schweiz Strassen bauen, werden Glasfaserkabel und Rohre für Erweiterungen eingezogen. In Südafrika ist hier alles ein bisschen provisorisch. Das Strom- und Handynetz ist ständig überlastet und die Leute aus Europa verstehen nicht, wenn das Wifi nicht ständig und überall schnell funktioniert. Wäre doch schön, wenn man in den Ferien auf alle diese stressigen Sachen verzichten könnte. Ich glaube wir haben ein neues Geschäftsfeld entdeckt: „Ferien im 4-heaven – wir entschleunigen dich“.

In Südafrika ist es eine Kunst, als Europäer ein Bankkonto zu eröffnen. Wer denkt, hier könnte Schwarzgeld gewaschen oder versteckt werden: weit gefehlt! Die Bankenaufsicht ist sehr streng und es ist beinahe unmöglich, für einen Ausländer ein Bankkonto zu eröffnen. Unser Geschäft ist Mehrwertsteuer registriert und die Mehrwertsteuernummer ist der Schlüssel zum Erfolg. Unsere Mammutaufgabe ist es jedoch, die Namen des Vorgängers auf unsere Namen zu ändern. Dies ist bereits erfolgt, die Bestätigung aus Pretoria kann jedoch noch einige Monate dauern.

Damit wir das bestehende Bankkonto auf unsere Namen ändern konnten, genügte der Kaufvertrag, unsere Pässe, die Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung und die Bestätigung des Notars nicht. Unsere Bezugsperson bei der südafrikanischen Nedbank stattete uns einen Haus-Besuch ab und wollte physisch sehen ob es sich beim „4-heaven“ um das richtige Grundstück handelt und ob wir wirklich hier vor Ort auch wohnen. Dann ging plötzlich alles sehr schnell. Die nötigen Passwörter für E-Banking und Kreditkarten wurden erstellt und das Konto freigegeben.

Noch Probleme gibt mit der Registrierung unseres Autos, einem Toyota Fortuner, welcher übrigens in Südafrika gebaut wird. Das Strassenverkehrsamt akzeptiert nur die Mehrwertsteuernummer, welche auf unseren Namen eingetragen sein muss und hier heisst es abwarten. Vergessen wir unseren Alltag in der Schweiz, denn mit etwas Zeit gibt es aber auch für dieses Problem in Südafrika immer eine Lösung.

Wir sind jetzt drei Wochen hier, in der Capregion ist der Herbst eingekehrt. Die Nächte sind mit 10-14 Grad recht kühl, aber am Tag wird es zwischen 20-25 Grad angenehm warm. Einzig der South-Eastern, der kühle Herbstwind aus der Antarktis macht an windigen

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Proper – der Gärtner.

Tagen das Wetter unangenehm. Jetzt ist es ruhig geworden in und um Kapstadt, die meisten Touristen sind zurück nach Europa. Am Abend brennt der Kamin und bei einem Glas Rotwein wird es gemütlich und heimelig. Wir spüren: Wir sind angekommen im 4-heaven.

Wir haben bereits unsere ersten Gäste verwöhnt und wohnen noch in einem Gästezimmer, denn unser privater Bereich möchten wir neu gestalten und streichen. Wir haben auch schon Möbel bestellt, diese sollten Ende Mai geliefert werden.

Der Maler kam übrigens vor zehn Tagen vorbei und die Offerte für 150 Quadratmeter Wohnung, Decken- und Wände streichen haben wir dankend angenommen. Kostenpunkt 950 Franken inkl. Löcher flicken und Bodenlisten ersetzen.

Auf den Tag genau haben die Maler ihre Arbeit aufgenommen. Alles hat bestens geklappt, der Malermeister kam heute Morgen mit zwei Lieferwagen und zehn Mitarbeitern um unsere Wohnung zu streichen. Einzig mit unserer Farbauswahl haben sie sich verhauen, grün ist halt nicht blau. Aber kein Problem, nach einer Stunde war die richtige Farbe vor Ort.

Wir sind froh, dass die Wohnung komplett leer ist, einzig der Fernseher wurde abgedeckt und der Plattenboden wird wahrscheinlich anschliessend mit Nitro gereinigt. Aber was solls: Wir sind halt hier in Afrika und man muss schon mal beide Augen zudrücken. Wir sind voll am entschleunigen.

Teil 2: Warum Südafrika?

Da wir einige Male in Südafrika in den Ferien, aber auch tief durch die Wildnis gereist waren, hat uns das Land am Südzipfel Afrikas immer fasziniert und nicht mehr aus den Gedanken gelassen. Im Grossraum Kapstadt erlebst Du alles: die Perfektheit der Europäer, welche zu Tausenden in dieses wunderschöne Land ausgewandert sind, die Gelassenheit der Afrikaner, die Schönheit der Natur, die einmalige Tierwelt, das milde Klima, kein Jetlag. Südafrika liegt in der genau gleichen Zeitzone wie die Schweiz und einzig in unserer Winterzeit werden die Uhren nicht zurückgestellt. Die Jahreszeiten sind den unseren entgegengesetzt, Frühling=Herbst, Sommer=Winter. Die beste Reisezeit ist zwischen September und Mai, im südafrikanischen Winter Juni-August hat es sehr wenig Gäste. Mit Ausnahme der Wintermonate herrscht angenehmes Reiseklima. Am Kap benötigst Du auch keine speziellen Impfungen oder ein Visum, die Einreise ist für uns Schweizer unkompliziert.

Uns hat das feine Essen, die unglaublich sportverrückten Südafrikaner, die Schönheit der Kaphalbinsel und die Weinregion am Cap sehr in unseren Bann gezogen und wir haben dort schon länger unser Herz verloren. Kapstadt ist nicht eine Stadt, sondern nach Luzern die schönste Stadt der Welt. Die Kapregion ist westlich geprägt und mit Afrika nicht vergleichbar. Das Sprichwort „Gott gab den Europäern die Uhr und den Afrikanern die Zeit“ stimmt hier nur bedingt.

Vor zwei Jahren haben wir uns entschieden, uns nach Möglichkeiten am Kap der guten Hoffnung für unsere Zukunft anzuschauen. In den Südafrika Ferien haben wir die sportlichen Möglichkeiten und die Zukunftsaussichten unter die Lupe genommen. Zudem konnten wir uns immer vorstellen, ein kleines, feines Gästehaus zu führen, denn ich war mein ganzes Leben Gastgeber. Februar und März 2015 gingen wir für zwei Monate nach Kapstadt zur Schule (englisch büffeln) und haben in dieser Zeit einige Gästehäuser angeschaut, mit der Möglichkeit, unseren Gästen ein vielfältiges Angebot anzubieten. Für uns haben sich sehr schnell zwei Favoriten herauskristallisiert, wir wollten jedoch erst zwei Monate später zu Hause entscheiden, ob wir uns die Zukunft in Somerset West, einem Vorort von Kapstadt vorstellen könnten. Ende Mai haben wir uns entschieden, und das 4-heaven Gästehaus gekauft.

Der Kauf des Gästehauses und die Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung

Die Formalitäten für einen Hauskauf sind praktisch gleich wie in der Schweiz, jeder Ausländer kann Eigentum erwerben, dieses wird wie bei uns grundbuchamtlich eingetragen. Das Ganze ist sehr unkompliziert und abgesichert.

Die Krux jedoch ist, eine unbegrenzte Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung zu erhalten. Diesbezüglich hat Südafrika sehr strenge Regeln, eine Bewilligung wird nur an Ausländer erteilt, welche etwas machen, was ein Südafrikaner nicht auch kann. Zudem mussten wir uns verpflichten, drei Einheimische anzustellen, dies war jedoch keine Thema, denn wir haben mit dem Gästehaus auch den Gärtner und die beiden Haushalthilfen übernommen.

Neben unserem Gästehaus möchten wir in ruhigen Zeiten auch Mountainbike- und Rennradreisen anbieten. Der „Formularkrieg“ für eine mögliche Immigration ist extem nervenaufreibend, hier spürte ich erstmals, wie langsam die Mühlen in Afrika mahlen. Jedoch erstaunlich schnell bekamen wir nach etwa vier Monaten von Kapstadt grünes Licht und wir erhielten die nötigen Bewilligungen dank meiner Nähe zum Radsport.

Hier ist mir entgegen gekommen, dass ich 20 Jahre Präsident des Veloclub Schötz war, das 24 Stundenrennen Schötz ins Leben gerufen habe und zudem an einigen Sportveranstaltungen als OK-Präsident amtete. Die grösste Hürde war also geschafft.

In einem nächsten Blog-Beitrag erzählt Franz Kunz von der Übernahme des Guest-Houses und dem Start in Südafrika.

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Kunz-Sport Willisau und Go-In Sursee sind seit über 35 Jahren meine Leidenschaft. Ich war nicht mal dreissig Jahre alt, als ich zu meinen besten Freunde sagte: In meinem dritten Lebensabschitt mach ich noch etwas ganz anderes.

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Franz Kunz und Brigitta Schmidlin

Mit 55 Jahren befasste ich mich erstmals mit der Nachfolge der beiden erfolgreichen Sportgeschäfte. Ich kann jedem KMU nur empfehlen, sich rechtzeitig Gedanken über die Nachfolge zu machen, denn meistens ist es mit 65 zu spät. Die Nachfolgergelung ist abgeschlossen und die beiden Jungs Daniel Meyer in Willisau und Ivo Pfister in Surseee werden mit ihrem einzigartigen Team weiterhin mit viel Leidenschaft zur Sache gehen. An dieser Stelle möchte ich mich bei allen unseren Kunden für die vielen schönen Jahre und Begegnungen bedanken.

Die Erfolge der beiden Geschäfte sind neben einem sportlichen, leidenschaftlichen Team, sicher auch die vielen Events. Jährlich organisiert Kunz-Sport AG über 50 Events, von der Gletschertour, über Veloferien, Mountainbike-Technik und –Reparaturkurse, Schnee Openings, Snowboardevents etc. Das Organisieren von Events und die Entwicklung von Sportanlässen, wie zB. Das „24-Stundenrennen“ in Schötz, war viele Jahre mein grosses Hobby und meine Leidenschaft.

So mit 54 befasste ich mich, zusammen mit meiner Lebenspartnerin Brigitta Schmidlin, wie unsere Zukunft aussehen könnte. Wir waren eigentlich immer der Meinung, in der Toscana oder in Sardinien eine Bikestation zu eröffnen und Veloferien anzubieten. Die beiden Destinationen sind jedoch diesbezüglich die letzten Jahre extrem überlaufen.

Am Samstag, 23. April, ging es los Richtung Kapstadt: Mit 30 Kilogramm Gepäck im Koffer und einem verpackten Rennvelo. Brigitta ist übrigens schon seit zwei Monaten in Kapstadt und geht dort nochmals zur Schule. Wir wollen unsere Zelte in der Schweiz nicht abbrechen und werden in Zukunft acht bis neun Monate in Südafrika und den Rest in der Schweiz verbringen. Von den bisherigen deutschen Besitzern – welche sieben Jahre erfolgreich eine grosse Stammkundschaft aufgebaut haben, übernehmen wir ab 1. Mai unser Bijou.

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Der Start
Der bisherige Deutsche Besitzer Uwe Busch wird uns ab 1. Mai ins „4-heaven“ eine Woche lang einführen. Das Gästehaus übernehmen wir komplett eingerichtet. Im Verlaufe des Mai kümmern wir uns um die Möblierung unseres privaten Bereichs. Wir werden diese Zeit in einem der Gästezimmer logieren und haben im Mai auch noch Gäste. Die nächsten acht Wochen besuchen wir verschiedene Gästehäuser an der Gardenroute und stellen dann die verschiedenen Reisedestinationen zusammen. Damit die Fitness bei den vielen Weintouren nicht zu kurz kommt, planen wir die Routen für die Rennrad- und Mountainbiketouren. In unserer Region leben viele Schweizer und mit Ursi und Markus Pfister, welche im letzten Februar in unsere Nähe gezogen sind, haben wir ein freundschaftliches Verhältnis und freuen uns auf einige spannende Jasspartien.

Das 4-heaven hat viele Stammgäste und gerne nehmen wir auch Anfragen und Buchungen entgegen. Mehr Infos gibt’s auf der Homepage www.4-heaven.ch oder via Facebook.

In einem nächsten Blog-Beitrag erzählt Franz Kunz, warum ihn das Land am Südzipfel von Afrika so fasziniert.